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Okt
26

Der „2.+“ – Hund

Überlegte Anschaffung, Mitleidsentscheidung oder verzweifeltes Alibi?

In Zeiten wie diesen möchte man als Mensch, Hundehalter und Tierschützer ganz einfach nur laut schreien… wenn es nützen würde! Wir kennen sie alle, die Gründe, warum ein Hund schweren Herzens von seinen Haltern abgegeben wird – vom Umzug über die Allergie bis hin zum Zeitmangel… alles vertreten, tausendfach bemüht. Manche Erklärungen sind nachvollziehbar und auch fundiert, die meisten jedoch gehören in die Kategorien „faule Ausrede“ und „Null-Bock“ auf Beschäftigung des Vierbeiners. Ein Grund für die Abgabe gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung: die Abgabe eines Hundes, weil die praktizierte Mehrhundehaltung im eigenen Hausstand nicht mehr ohne Folgen bleibt – dies trifft sowohl auf Privathaushalte wie auch Pflegestellen im Tierschutz zu.

Wie so oft in meinen Beiträgen schreibe ich „aus eigener Erfahrung“. Von Erfahrungen, die mir viele Jahre lang fremd waren; die ich – hätte mir jemand von solchen Fällen berichtet – gelinge gesagt für „Quatsch“ gehalten hätte, für übertrieben und nicht zuletzt für ein Indiz dafür, dass dieser „jemand“ in punkto Hundewissen keine, aber zumindest sehr wenig Ahnung hat. Nun ja… wenn ich eines in über 25 Jahre des Zusammenlebens mit meinen eigenen Hunden, unzähligen Pflegehunden und Vorort-Terminen mit geplagten Hundehaltern gelernt habe, dann dies: man lernt nie aus und was man lernt, hängt maßgeblich davon ab, wie man selbst gefordert wird.

Mehrere pflegeleichte Hunde, jeder einzelne ein Schätzchen ohne nennenswerten z.B. Jagdtrieb oder Territorialtrieb oder vorherige schlechte Erfahrungen und daraus resultierendes Fehlverhalten? Kein Problem.Souveräne Hunde, die eigenständig Konfrontationen aus dem Weg gehen; die „von sich aus“ keine Besitzansprüche auf Haus, Hof und Mensch erheben… ebenfalls „null problemo“. Aber weniger die pure Anzahl der gehaltenen Hunde ist ursächlich für mögliche Probleme im Zusammenleben, sondern vielmehr der „Typ Hund“, der da vielfach (mitunter buchstäblich) aufeinander prallt… (und da reichen ggf. auch nur 2 Hunde…). Und das, was sich aus dieser neuen Situation heraus – in der Symbiose Hund-Hund-Mensch – an neuen, an unerwünschten Verhaltensweisen entwickelt. Immer dann, wenn der Halter/die Pflegestelle der grundsätzlichen Meinung ist, dass die Hunde „das schon unter sich ausmachen“.

In der Vielzahl solcher Fälle geht der Schuss nach hinten los; gewaltig; und er variiert von deutlich erkennbaren Stress-Symptomen des Hundes/der Hunde ohne körperliche Auseinandersetzungen bis hin zu blutigen Beißereien gefolgt von Not-OPs. Und die Anzeigen im Internet in fetten Lettern („DRINGEND“) auffallend drapiert, verkünden dramatisch den S.O.S – Abgesang: save our souls; rettet unsere Seelen! Sicherlich nicht nur die des Hundes… manch völlig überfordertem und gestresstem Halter (nebst Anhang) gebührt mitunter auch ein geschnürtes Rettungspaket – Tierschutz vergisst auch den Menschen nicht… sie meinten es gut und haben dennoch vieles unterschätzt. Dumm gelaufen – Endstation Abgabe.

Man möchte einfach nur ganz laut schreien… aber es nützt nichts; Aufklärung tut Not. Ein Versuch…
Ein Hund ist ein Rudeltier und benötigt Sozialkontakte… richtig? Nun ja – bedingt. Er ist ein Rudeltier und dies für sich genommen bedeutet eben nicht, dass ein Hund FREMDE Artgenossen benötigt, braucht oder deren Nähe sucht. Ein Rudel im eigentlichen, engeren Sinne ist ein Familienverbund, bis auf das Alpha-Paar jeder einzelne hinein geboren, verbunden in direkter Blutslinie sozusagen. We are family…. und als solche sichert sie das Überleben jedes einzelnen Hundes dieses Familienverbundes. Durch eine „starke“ Gemeinschaft… in der Jagd, der Verteidigung, im Angriff, im gegenseitigen Schutz, in der Vermehrung. Fremde Artgenossen werden verjagt, ggf. sogar getötet, denn sie könnten eine Bedrohung für das eigene Rudel darstellen, sind Konkurrenten um Ressourcen wie z.B. Futter oder läufige Hündinnen. Soviel zum Ursprung….

Foto von Alex Balan - Flickr.com

Unsere heutigen Haushunde sind in vielerlei Hinsicht nicht mehr direkt vergleichbar mit Wölfen oder frei- bzw. wild lebenden Hunden. Dennoch, ihre Wurzeln lassen sich nicht leugnen. In der heutigen, praktizierten Mehrhundehaltung in privaten Haushalten werden Hunde quasi zusammen gewürfelt. Von jetzt auf gleich zieht ein FREMDER Hund ein, soll sich „vertragen“ mit dem vorhandenen Vierbeiner, von dem wiederum erwartet wird, hoch erfreut zu sein über den unverhofften Bruder oder Schwester, mit dem er von nun an alles teilen soll: Schlafplätze, Futter, Zuwendungen…
Auch wir Menschen gehören einer sozialen Spezies an; lebten bereits vor tausenden von Jahren in Familienverbänden. Das tun wir auch heute noch. Dennoch… begrüßen SIE jeden FREMDEN Menschen in der Stadt, im Büro mit einer herzlichen Umarmung, laden ihn/sie freudestrahlend zu sich nach Hause ein und teilen fortan Tisch und Bett mit ihm/ihr? Was passiert, wenn ein fremder Mensch nach dem Öffnen Ihrer Haustür einfach in Ihr Haus marschiert, in Ihren Kühlschrank schaut, Selbstbedienung praktiziert und es sich dann mit den Füssen auf dem Couchtisch vor Ihrem Fernseher gemütlich macht? Sind SIE begeistert über den „Familienzuwachs“?

Auch das Auswahlkriterium so mancher Mehrhundehalter in spe „wenn die Chemie stimmt…“ (der sog. Darling-Freibrief) verdeutlicht eher den Niedergang der Eigenverantwortung als eine wohlüberlegte, weitsichtige Entscheidung. Da wird ein erster Schnuppertermin auf „neutralem Boden“ vereinbart und wenn die Hunde sich „mögen“, dann ist die Adoption beschlossene Sache! Wie nachhaltig und „beweisfähig“ wird ein solcher ad hoc – Sympathie- (oder ggf. auch Antipathie-) Beweis wohl sein? Hergestellt unter synthetischen Bedingungen, bewusst unter Ausschluss von „konfliktfähigen“ Umständen, bevor die Wirklichkeit des Alltags zuschlägt… zuschlagen KANN? Fragen Sie sich einmal selbst: Sie treffen einen Unbekannten auf „neutralem“ Terrain und trinken gemeinsam einen Kaffee. Sie finden sich nett, sehr nett. Kann man hieraus ableiten, ob Sie eine Woche später eine glückliche, gemeinsame Beziehung für die nächsten 10, 15 Jahre führen werden? Die Stunde der Wahrheit schlägt erst dann, wenn der Alltag seine Hürden präsentiert und Ihre Kompromissbereitschaft herausfordert.

Lässt er die Socken überall liegen oder sie ihre Schuhe…, ist er pünktlich und mag sie seine Freunde? Herrscht Einvernehmen über die gemeinsame Ausgabenpolitik… und mag er die kaminrot gestrichene Wand? Wie wollen Sie das alles verlässlich beim ersten Kaffeetrinken beurteilen können …???? Gleiches gilt auch unter umgekehrten Vorzeichen: manchmal wird aus spontaner Abneigung zu einem späteren Zeitpunkt die große Liebe. Der erste Eindruck – er kann täuschen. Sehr sogar…

Allseits bekannte und wöchentlich ausgestrahlte Fernsehsendungen, von der Republik hochgeschätzte Moderatoren, lassen uns glauben, dass jeder Hund einen „Kumpel“ benötigt und dass mit einem weiteren Hund vieles, wenn nicht sogar alles, einfacher wird. Mehr Hunde – weniger Arbeit! An Tagen solcher Tierreportagen wünsche ich mir oft, es gäbe Sendungen über leidgeprüfte Mehrhundehalter…, die mir persönlich bekannten Fälle, die sich alleine im Tierschutz ereignen, könnten problemlos Material für eine tägliche Sendung liefern! Hier ein kurzer Überblick in die „Standardkonstellationen“:

  • Der Ersthund ignoriert den Neuankömmling, will seine Ruhe haben und knurrt ihn an, wenn er ihm zu nahe kommt. Der Halter ist enttäuscht – Hund hat sich nicht „lieb“…, aber der Optimismus siegt: das wird schon noch …
  • Der Ersthund maßregelt den Neuankömmling ohne Unterlass, so dass sich dieser gar nicht mehr hervor traut; man wartet noch ein paar Tage ab, dann überlegt man bereits, ihn wieder abzugeben, weil der Ersthund so „eifersüchtig“ ist …
  • Der Ersthund attackiert die Neuerwerbung massiv – der Halter ist schockiert; wie kann das nur sein, wo er sich doch draußen so prima mit allen Hunden versteht und dies ein Grund war, ihm einen „eigenen Kumpel“ zu gönnen. Der Entschluss zur Abgabe – meistens eine Angelegenheit von unter 24 Stunden …
  • Der Zweithund drangalisiert den Ersthund, der nun permanent zwischen Herrchen`s Beinen Schutz sucht und in dieser Position wiederum den Zweithund attackiert, wenn dieser Herrchen zu nahe kommt… Beißerei vorprogrammiert; ebenso die Abgabe mit dem Hinweis, dass hier „die Chemie nicht stimmt…“
  • Der (noch unerzogene) Zweithund sollte eigentlich vom gut erzogenen Ersthund alles Wichtige (und vor allen Dingen Richtige…) lernen, aber es kommt leider „umgekehrt“. Nun besitzt der Halter zwei Hunde, die sich ausschließlich innerartlich orientieren und nach der Devise „gemeinsam sind wir stark“ agieren: beim Schutz von Haus und Hof bis hin zum Frönen des Jagdtriebes: 2 Hunde – doppelte Freude – ach ja …
  • Der ängstliche Ersthund bekommt einen „selbstsicheren“ Kumpel, an dem er sich von nun an orientieren soll; auf eine Orientierung am Menschen wird ganz bewusst verzichtet; die Hunde sollen es innerartlich „richten“. Was sich daraus – abseits des menschlich-angestrebten Ziels – weiterhin alles entwickeln kann, ist sehr vielfältig und mitunter sehr gefährlich …

Besitzt man mehr als einen Hund, kommt dies einer doppelten Buchhaltung gleich: es gibt nämlich immer zwei Buchungen: eine Soll- und eine Haben-Buchung! Will heißen: es zählt nicht mehr nur das, was der Halter im direkten Verhältnis zu Hund Nr. 1 oder Hund Nr. 2 tut, denn Aktion, Reaktion oder schlichtes Nichtstun des Halters auf dessen Verhalten wird nun ebenfalls von jedem einzelnen Hund genauestens beobachtet. Lernen durch Zuschauen… ein nicht zu unterschätzendes Element in der Mehrhundehaltung! Denn auch als „Zuschauer“ bildet sich ein Hund ein Urteil – über die Fähigkeiten und die damit gekoppelte Rangstellung des anderen Hundes und die des Halters.

Mehrhundehaltung wird immer noch als die artgerechteste Form der Hundehaltung verkündet, jedoch, sie ist eben nicht synonym mit dem Zusammenwürfeln von FREMDEN Hunden in einem gemeinsamen Hausstand. Werden im Vorfeld bereits die Weichen durch den Halter richtig gestellt, kann aber auch ein „Würfel-Duo oder –Trio“ harmonisch zusammenleben. Voraussetzungen hierfür?

  • … dass sich der/die bereits vorhandenen Hunde am Halter orientieren, einzeln wie auch insbesondere in der Gemeinschaft (… und nicht spätestens beim gemeinsamen Spaziergang ihr „Ding“ machen und den Halter einen guten Mann/Frau sein lassen, oder anlässlich von Besuch, oder bei Begegnungen mit fremden Artgenossen im Haus, im Garten, an der Leine, oder, oder, oder…) und diesem zunächst einmal grundsätzlich alle Entscheidungen überlassen.
  • … die nötige Zeit vorhanden ist, in regelmäßigen Abständen auch mit jedem einzelnen Hund zu arbeiten, auf seine individuellen Ansprüche einzugehen und die Orientierung am Menschen (erneut) zu stärken bzw. aufrecht zu halten.
  • … man es sich als Halter nicht unnötig schwer macht, in dem man unbedingt Hunde“typen“ (… weil man schon immer diese oder jene Rassen haben wollte und sie so „toll“ findet) vergesellschaften will, die aufgrund von rassetypischen Merkmalen bzw. Prädispositionen oder ihres erlernten/geprägten Verhaltens sich ein Leben in Gemeinschaft wechselseitig eher erschweren als erleichtern. Anders ausgedrückt: zwei oder mehrere Hunde mit z.B. ausgeprägtem Territorialtrieb oder einem sehr autarken und wehrhaft-durchsetzungsstarken Charakter werden in der Regel eher zu innerartlichen Auseinandersetzungen neigen, um Ansprüche auf Ressourcen zu klären als Hunde mit einer sehr hohen Reizschwelle und geringer Triebstärke. Hunde, die sich bereits im jungen Alter gegen die eigene „Konkurrenz“ durchsetzen mussten und hier sehr erfolgreich waren oder auch Hunde, die es gewohnt waren/sind, als Selbstversorger für ihr Überleben zu sorgen, werden ggf. in punkto Futter wenig kompromissbereit sein und diese Ressource unter allen Umständen beanspruchen und gegenüber Artgenossen verteidigen. Von Hunden, die aufgrund ihres Vorlebens bereits Fehl- oder Problemverhalten entwickelt haben (z.B. Aggressionen gegenüber Artgenossen oder Menschen) ganz zu schweigen… zwei oder mehrere Hunde mit Problemverhalten – ein (zunächst) ultimatives Adieu an ein stress- und konfliktfreies Miteinander! Und in den allerwenigsten Fällen ist hier dann auch Zeit/Verständnis/Erfahrung/Konsequenz vorhanden, mit JEDEM Hund EINZELN eine Neuordnung und Neuorientierung am Menschen aufzubauen, bevor man das Gruppenleben wieder freigibt…

Hund tut nichts ohne Grund – doch wo ist der magische Punkt, an dem Mensch eingreifen sollte? Muss er „alles“ kontrollieren oder was dürfen Hunde eigenständig? Wann beginnt Souveränität seitens des Halters und wann wird er zum Kontroll-Macho? Eine schwierige Frage, auf die es keine Pauschalantworten gibt, denn jede Konstellation zwischen Mensch ./. Hund bzw. Hund ./. Hund ist individuell. Es ist nicht der Mensch oder der Hund, der letztendlich ein Verhalten zu einem Problem werden lässt, sondern die Beziehung von zwei oder mehreren Individuen mit- und unter einander.

Letztendlich gilt: man KANN jegliche Hunderassen und –typen „zusammenwürfeln“, aber je nachdem, wieviel Öl man ins Feuer gießt, desto größer ist die Verantwortung und die damit verbundene Notwendigkeit, den Schwelbrand bereits im Ansatz zu löschen. Führung und Regeln durch den Halter sind in diesen Fällen unerlässlich, um Sicherheit und stressfreies Miteinander jedes einzelnen Hundes zu gewährleisten. Die Frage bleibt, ob man als Halter unbedingt ein unnötig großes Risiko eingehen muss bzw. will. Natürlich gibt es auch die sprichwörtlichen „Selbstläufer“ unter den Hunden und dies sollte auch einmal ausdrücklich betont werden; diejenigen, die in der Tat ohne das Eingreifen des Halters in das tägliche Miteinander wunderbar und friedfertig, von Anfang an und für ein Leben lang, mit einander harmonieren. Jedoch… die täglichen Inserate, Hilferufe und Vermittlungsbitten sprechen eine andere, eindeutige Sprache.

Die Bereitschaft des Menschen, innerartliche Konflikte ihrer Vierbeiner durch die eigene Führung so zu lösen, dass jeder Hund ein stressfreies Leben führen kann, ist – der Tierschutz lehrt es uns – zunehmend gering. Die einfachere Lösung in fast allen Fällen ist die Abgabe des Hundes, versehen mit dem Prädikat: nicht gesellschaftsfähig! Richtigerweise müsste hier der Abgabegrund lauten: Unfähigkeit und mangelnde Bereitschaft des Halters, durch eigene Kenntnisse und Fähigkeit für ein friedvolles, konfliktfreies Miteinander zu sorgen… aber wer will DAS schon gegen sich gelten lassen? Fairer – dem Hund gegenüber – wäre es allemal, denn auch DIESER Hund „kann“ mit anderen Hunden zusammenleben, wenn ihm jemand die Verantwortung für Selbstschutz oder Führung/Kontrolle abnimmt, die ihn so offensichtlich überfordert. Das vermeintliche Stigma „unverträglich“ ist fehl am Platze. Aber in unserer heutigen Zeit darf auch die Mehrhundehaltung eines dem Halter oftmals eben nicht abverlangen: Arbeit und Zeit; oder die Voraussetzung, ggf. als langjähriger „wissender“ Hundehalter dazu- und/oder umdenken zu müssen, damit es zu Hause und auch in allen anderen Situationen „klappt“. Da ist die Schuldzuweisung in Richtung Hund die viel einfachere, bequemere und ego-kompatiblere Variante…

Nicht immer fließt Blut. Leider – ist man fast geneigt zu sagen. Denn – ohne Blut – keine Konflikte. So jedenfalls denken viele Hundehalter, übersehen dabei die überdeutlichen Hilferufe ihrer Vierbeiner in Form von Stress-Symptomen und Beschwichtigungssignalen, die quasi im permanent-hilflosen „on/off“ – Zustand in Richtung Artgenosse und Mensch gleichermaßen versandt werden. Viele Hundehalter neigen dazu, innerartliche Auseinandersetzungen als „nicht so schlimm“ oder „das meinen die gar nicht so…“ abzutun. Und so köchelt und brodelt es Wochen, Monate, mitunter sogar Jahre, bis der Supergau eintritt, den ein völlig perplexer Hundehalter dann am Telefon als „plötzlich und völlig unerwartet“ darbietet, mal mit tränenerstickter – mal entrüsteter Stimme, verlustig des Vertrauens in seinen eigenen Hund und dem Zusatz, dieser gefährliche Hund müsse nun sofort ein neues Zuhause finden…

Hinterfragt man einmal genau, warum so mancher Halter überhaupt einen Zweit-, Dritt- oder Vierthund in Erwägung zieht, hört man meistens folgende Gründe:

  • es ist genügend Platz vorhanden, großes Haus – großer Garten, warum also nicht noch ein weiterer Hund?
  • man sucht einen „Spielkameraden“ für den/die bereits vorhandenen Hunde
  • man sucht einen Nachfolger für den gerade verstorbenen Hund, damit der vorhandenen Hund nicht so „alleine“ ist
  • man hatte Mitleid mit den vielen „Zuhause gesucht“ – Hunden und weil ja jeder aus dem Umfeld sagt, dass ein weiterer Hund keinen Unterschied macht…

Die Verantwortung für jeden EINZELNEN Hund, ob nun einer oder vier – sie kann nicht delegiert werden! Nicht an das Haus, nicht den großen Garten, nicht den vorhandenen Hund… am Ende gibt es nur einen, der für Auslastung und Beschäftigung, Schutz und Sicherheit, harmonische Koexistenz sorgen kann und sollte… und dies ist der Halter! Und nur er hat es in der Hand, ob die Mehrhundehaltung konfliktfrei funktioniert oder in einem Dauerstress bis hin zum Gefahrenpotenzial unterschiedlichen Ausmaßes für alle Beteiligten ausartet.

Mehrhundehaltung kann eine wunderbare, friedvolle und harmonische Angelegenheit sein… mit aktiver Verantwortung des Halters, aber auch selbst manchmal ohne. „Ohne“ in solchen Fällen, in denen die Zusammensetzung der Gruppe so strukturiert ist, dass ohne Konfliktpotenzial sehr schnell eine funktionierende Rangordnung entsteht, weil z.B. die Wertigkeit von Ressourcen jeglicher Art aus Sicht der Hunde als sehr gering eingestuft wird. Oder weil dem einem Hund nur Futter wichtig ist, während dem anderen nur der Garten als Territorium am Herzen liegt. Folglich kommt es ggf. gar nicht zu einer gemeinsamen Beanspruchung von identischen Ressourcen und das Konfliktpotenzial nimmt ab bzw. entsteht erst gar nicht. Wie gesagt, auch diese Fälle gibt es – sie bleiben aber eher die Ausnahme als die Regel und sind geprägt von der „passenden“ Zusammensetzung, die einer Kontrolle seitens des Halters nicht oder nur in geringem Umfang bedarf. Reine „Glückssache“ und deshalb mitnichten ein Umstand, auf den man sich als Mehrhundehalter verlassen kann.

Immer öfter jedoch gibt es Konstellationen im hauseigenen Sozialverbund, in denen ein Teil der Hunde nicht konfliktfrei miteinander leben kann, weil die Rangordnung nicht geklärt ist. Hauptursache dafür ist wieder einmal der Mensch, der aus Sicht des Hundes völlig „unlogisch“ agiert, weil er….

  • … nur situativ eingreift/korrigiert anstatt das Verhalten des Hundes in seiner Gesamtheit zu verstehen; die Ursachen hierfür erkennt… und löst.
  • … innerartliche Rudelbildung und -hierarchie zwischen den Hunden zulässt, aber gleichzeitig erwartet, dass jeder einzelne Hund ihn als „weisungsbefugt“ anerkennt und ihm in (für die Hunde gleichsam wichtigen) Situationen dennoch die Führung überlässt.
  • … unbewußt Privilegien verteilt, meistens an den vermeintlich „Schwächeren“, ihn damit aufwertet und somit erst recht wieder zum Ziel einer Zurechtweisung durch den „Stärkeren“ macht. Ein Teufelskreis…!

FAZIT? Es gibt Konstellation in der Mehrhundehaltung, die einfach „passen“. Wohl dem (Halter), dem dieses Glück widerfährt – es ist wahrlich unbezahlbar und nicht gekoppelt an den eigenen Hundeverstand! Ohne eigenes Engagement, Schweiß, Arbeit, Mühe, Verantwortung erhält man dieses Geschenk ohne ein Versprechen der Gegenleistung. Andere Konstellationen lassen den einen oder anderen schier verzweifeln: vom „Kopf-in-den-Sand-stecken“ über „das wird schon… irgendwann“ bis hin zur bedingungslosen Kapitulation (des Halters wohlgemerkt…) ist alles möglich – zum Leidwesen der Hunde. Sie haben es sich nicht aussuchen können, wurden zwangs-vergesellschaftet, ob sie wollten oder nicht.

Es wäre sehr angebracht zu bedenken, dass Hunde nicht wählen können… sie können nicht dankend ablehnen, Hund Nr. 2, 3 oder 4 zu werden – niemand fragt sie, ob sie wollen… sie müssen, weil es der Mensch so entscheidet. Tut er dies, ist es auch an ihm, die Verantwortung hierfür zu übernehmen und ihr gerecht zu werden. Anderenfalls – Finger weg!

Mehrhundehaltung KANN mitunter sehr gezielte, mitunter unerwartete Anforderungen an das „Management“ durch den jeweiligen Hundehalter dieser Sozialgemeinschaft stellen!

Mit freundlicher Genehmigung von Martina Wald

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